Brüssel – Die EU fürchtet angesichts milliardenschwerer Staatshilfen in den USA und China um die heimische Wirtschaft. Jetzt legt Brüssel nach: Ein neuer Industrieplan soll es ermöglichen, wettbewerbsfähig zu bleiben und klimafreundliche Technologien in der EU zu fördern.
Warum muss die EU reagieren?
Die Welt muss klimafreundlicher werden, um die Lebensgrundlagen zu erhalten. Weil man damit bereits spät dran ist, wird nun umso entschiedener um wichtige Industriezweige gekämpft. Verschiedene Akteure wie die USA, China, Japan oder Indien locken Unternehmen mit enormen Summen, damit diese Industriezweige bei ihnen ausgebaut werden. Die Idee dahinter: Die Investitionen rentieren sich, indem gute Arbeitsplätze entstehen und Produkte weltweit verkauft werden können. Die Angst Europas ist, in diesem Rennen abgehängt zu werden.
Wie wird die EU reagieren?
Das steht noch nicht genau fest, aber es gibt jetzt einen ersten Vorschlag von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Im Grunde soll auch hierzulande die Industrie mit einem dreistelligen Milliardenbetrag gefördert werden. Zudem ist das Ziel, bürokratische Hürden abzubauen. Zunächst sollen bestehende EU-Mittel genutzt und die Regeln für staatliche Beihilfen gelockert werden.
Was bedeutet der Konkurrenzkampf für Bürgerinnen und Bürger?
Es geht darum, gut bezahlte Industriearbeitsplätze zu erhalten und neue aufzubauen. Die EU-Kommission betont etwa, dass in grünen Wirtschaftsbereichen zwischen 2000 und 2019 rund 1,3 Millionen Jobs entstanden seien. Allein die Batterieindustrie schätze, dass bis 2025 um die 800 000 neue Arbeitskräfte gebraucht würden.
Sollen durch den Plan auch Energiepreise sinken?
Ja, es soll eine zuverlässige Energieversorgung gewährleistet werden. Der Krieg gegen die Ukraine und die in diesem Zuge stark gestiegenen Energiepreise haben die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen deutlich gemacht. Energie soll künftig «Made in Europe» und Preise sollen damit weniger anfällig für geopolitischen Spannungen sein.
Wie geht es weiter?
Die Vorschläge werden jetzt in den EU-Hauptstädten analysiert. Nächste Woche kommen dann die Staats- und Regierungschefs in Brüssel zusammen. Nächsten Monat will die EU-Kommission dann Rechtstexte vorlegen. Auch diesen müssen die EU-Staaten zustimmen. Änderungen am bisherigen Fahrplan sind also möglich. (1. Februar)
EU-Streitkräfte sollen weitere 15 000 ukrainische Soldaten ausbilden
Brüssel – Der Umfang der aktuellen EU-Ausbildungsmission für die ukrainischen Streitkräfte soll verdoppelt werden. Als neues Ziel sei vorgesehen, 30 000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in EU-Staaten auszubilden, teilten mehrere EU-Beamte am 1. Februar in Brüssel mit. Bislang war das Ziel, rund 15 000 Soldaten zu trainieren.
Der Start der Ausbildungsmission der EU war im November von den Außenministern der Mitgliedstaaten beschlossen worden. Damals hatte es geheißen, es sollten erst einmal bis zu 15 000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in Deutschland, Polen und anderen EU-Ländern ausgebildet werden. Die EU will mit dem Einsatz dazu beitragen, dass sich die ukrainischen Truppen künftig noch besser als bislang gegen die Angreifer aus Russland verteidigen können.
Die Bundeswehr bietet im Rahmen der EU-Mission unter anderem eine Gefechtsausbildung für Kompanien sowie Taktikübungen für einen Brigadestab und die untergeordneten Bataillonsstäbe an. Zudem beinhaltet das deutsche Angebot ein Training für Trainer, Sanitätsausbildungen und Waffensystemschulungen in enger Kooperation mit der Industrie. Insgesamt wollte Deutschland nach ursprünglichen Planungen in den ersten Monaten eine Brigade mit bis zu 5000 ukrainischen Soldatinnen und Soldaten trainieren. (1. Februar)
Korruptionswahrnehmung: Deutschland stagniert – Ungarn stürzt ab
Berlin – Bei der Bekämpfung von Korruption in Politik und Verwaltung tritt Deutschland seit nunmehr zehn Jahren auf der Stelle. Das geht aus dem Korruptionswahrnehmungsindex 2022 hervor, den die Organisation Transparency International am 31. Januar veröffentlichte. Demnach erreichte Deutschland im vergangenen Jahr 79 Punkte, und blieb damit auf dem gleichen Stand von 2012.
Um hier insgesamt Fortschritte zu erzielen, sei es wichtig, die Korruptionsbekämpfung in die Nationale Sicherheitsstrategie aufzunehmen, an der die Bundesregierung aktuell arbeitet, sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Alexandra Herzog. Zu den europäischen Ländern, bei denen die Kurve in den zurückliegenden zehn Jahren nach oben zeigte, gehören die baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland. Positiv wird auch die Entwicklung in Griechenland beurteilt, das zwar mit 52 Punkten immer noch nicht besonders gut dasteht, aber immerhin 16 Punkte hinzugewann.
Ganz anders sieht es laut Transparency International in Ungarn aus, das in diesem Index 2022 Bulgarien als der EU-Staat mit dem schlechtesten Wert ablöste. Ungarn sackte demnach im Zeitraum von zehn Jahren um 13 Punkte auf 42 Punkte ab und liegt damit auf einem Niveau mit unter anderem Kuwait und Vietnam. Mit dem gleichen Tempo auf Talfahrt befindet sich die Türkei, die in dem Index aktuell einen Wert von 36 Punkten erreicht. Gegenüber dem Vorjahr verlor sie zwei Punkte.
Eine wachsende Gefahr geht nach Einschätzung von Transparency International von autokratischen Staaten wir Russland, Aserbaidschan, Katar oder Marokko aus. Diese nutzten «strategische Korruption», «um in unzulässiger Weise Einfluss auszuüben und ihre Interessen durchzusetzen». Deutschland sei aufgrund seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung neben den USA und den europäischen Institutionen eines der Hauptziele dieser Form der Korruption.
Welche langfristigen Folgen diese Form der Einflussnahme durch staatliche Akteure haben kann, zeigt sich aus Sicht von Transparency International auch im Kontext des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Der Verein stellt mit Blick auf Deutschland fest: «Russland baute über Jahre mit Hilfe massiver finanzieller Mittel ein Einflussnetzwerk auf Bundes- und Landesebene auf.» Beispiele dafür seien nicht zuletzt lukrative Posten für den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, oder auch die Finanzierung der landeseigenen „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ sowie Desinformationskampagnen. Russland habe auf diesem Weg Russland politische Entscheidungen, zum Beispiel in der Energiepolitik, beeinflusst und seine geostrategische Position gestärkt. (31. Januar)
Neues EU-Projekt: Besser mit dem Zug von Berlin nach Kopenhagen
Brüssel – Züge sollen zwischen mehreren EU-Staaten im Rahmen eines Pilotprojekts künftig schneller und häufiger fahren. Der EU-Kommission zufolge beinhaltet das Projekt neue oder verbesserte Testverbindungen, darunter auch mehrere, die Deutschland mit anderen EU-Länder verbinden. So können Fahrgäste künftig etwa häufiger von der Bundesrepublik in skandinavische Länder fahren, wie die Kommission am 31. Januar in Brüssel mitteilte. Die ersten Verbindungen starten den Angaben zufolge im Sommer, weitere sollen Schritt für Schritt folgen.
Es soll innerhalb des Projekts etwa ein neuer Nachtzug Stockholm, Kopenhagen und Berlin verbinden. Zudem bringe eine neue Flixtrain-Verbindung Menschen künftig von Leipzig über Berlin und Kopenhagen nach Stockholm. Außerdem sei den Angaben zufolge auch eine neue Verbindung von Prag über Berlin nach Kopenhagen geplant sowie ein Tageszug von Hamburg nach Göteborg. Eine Testverbindung bringe Menschen auch von München nach Zürich und eine weitere von München über Wien nach Budapest. Demnach können sich Fahrgäste außerdem über eine neue Verbindung von Rom nach München sowie von Mailand nach München freuen. Neue Nachtzüge sollen zudem zwischen Paris, Mailand und Venedig sowie zwischen Amsterdam und Barcelona fahren. (31. Januar)
Europa und USA wollen Kampf gegen Antisemitismus verstärken
Berlin – Mehrere europäische Länder, die EU-Kommission und die USA wollen gemeinsam verstärkt gegen antisemitische Einstellungen und Gewalt vorgehen. Nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen am 31. Januar in Berlin sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein: «Angriffe auf Synagogen, Angriffe auf jüdische Menschen, auf Studierende – das sind auch die Themen gewesen, über die wir uns ausgetauscht haben». Die Situation sei zwar in jedem Land anders, das Problem aber dasselbe. Daher müsse man sich stärker vernetzten und öfter zusammenkommen, um über Best-Practice-Beispiele zu sprechen.
Die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, Katharina von Schnurbein, bezeichnete das Treffen als «einen wichtigen Schritt zur Intensivierung der engen Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA im weltweiten Kampf gegen den Antisemitismus». Das Datum, der 30. Januar, war laut Klein bewusst gewählt. An diesem Tag vor 90 Jahren hatten die Nationalsozialisten unter der Führung von Adolf Hitler die Macht in Deutschland übernommen.
Ein großes Problem, dem die Länder gemeinsam begegnen wollen, sei die antisemitische Hetze im Internet. «Hass kennt heute keine Grenzen», sagte die US-Sonderbotschafterin für den Kampf gegen Antisemitismus, Deborah Lipstadt, laut Mitteilung. Mit seinen Kollegen habe er darüber beraten, welche Strukturen man bilden könne, um dagegen vorzugehen, sagte Klein. Man habe etwa über völkerrechtliche Instrumente nachgedacht. Spruchreife Vorschläge gebe es allerdings noch nicht. An dem Treffen nahmen auch Vertreterinnen und Vertreter aus Rumänien, Österreich und Israel teil.
In Deutschland gibt es seit Ende November eine solche Strategie gegen Antisemitismus. «Sie versetzt uns in die Lage, die Bekämpfung und Verhinderung von Judenhass endlich ganzheitlich anzugehen», sagte Klein. Ziel des Papiers ist, Juden besser vor Vorurteilen und Hass zu schützen und das jüdische Leben zu stärken. Dies soll systematisch auf allen staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen wirken – von Polizei und Justiz über Schulen und Unis bis hin zu Sportvereinen. (30. Januar)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl auf der Grundlage der Europa-Berichterstattung der dpa. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei der dpa. Der EU Digest erscheint jeweils montags und donnerstags.