Wien/Brüssel – Die Zuschüsse aus dem Wiederaufbaufonds in Höhe von 700 Millionen Euro an Österreich können fließen. Die Auszahlung „wurde möglich, weil Österreich die 44 mit der ersten Tranche verbundenen Meilensteine und Ziele erfüllt hat“, gab die EU-Kommission am Donnerstag bekannt. Nachdem die Brüsseler Behörde den ersten Zahlungsantrag im März vorläufig positiv bewertet hatte, kam nach einer Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses (WFA) nun die Bestätigung.
Zu den Reformen und Investitionen, die von diesem ersten Zahlungsantrag umfasst sind, zählen nach Angaben des Bundeskanzleramtes die Lieferung von 160.000 digitalen Endgeräten an Schülerinnen und Schüler, der Austausch von 6.360 Öl- und Gasheizungen, die Auszahlung von 40.000 Bildungsboni, der Start der Gemeindepflege „Community Nursing“, das Inkrafttreten des Erneuerbaren Ausbaugesetzes (EAG), die Einführung des Klimatickets sowie die Ausarbeitung der Finanzbildungsstrategie.
Österreich hatte den ersten Zahlungsantrag im vergangenen Dezember gestellt, es kann im Falle weiterer positiver Bewertungen insgesamt mit Zuschüssen in Höhe von knapp 3,75 Milliarden Euro rechnen. 2021 war der Aufbau- und Resilienzplan Österreichs in Höhe von knapp 3,5 Milliarden Euro von der Europäischen Kommission positiv bewertet worden und die entsprechende Verordnung in Kraft getreten. Der endgültige Betrag in Höhe von 3,75 Milliarden Euro wurde im Juni 2022 auf Basis der Wirtschaftsdaten von 2019 bis 2021 festgelegt.
Die Auszahlung von Geldern wird von der EU-Kommission an die Erfüllung sogenannter „Meilensteine“ und „Zielwerte“ geknüpft. Bis 2026 sind nach Angaben des Bundeskanzleramts für den österreichischen EU-Aufbauplan sechs Zahlungsanträge geplant, welche insgesamt 171 zu erfüllende Meilensteine und Zielwerte abdecken. (20.4.2023)
Österreich in Arbeitsmarkt- und Energiebelangen säumig
Straßburg – Die EU-Kommission hat das Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige vorangetrieben. Säumig ist Österreich auch bei einer Richtlinie zum Energiebinnenmarkt. Das teilte die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit. Es sind bereits die zweiten Mahnschreiben an Österreich, im nächsten Schritt kann die EU-Behörde in beiden Fällen vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gehen.
Was Österreich konkret vorgeworfen wird, geht aus der Mitteilung nicht hervor. Die EU-Kommission erläuterte lediglich, dass mit der Richtlinie „die gleichberechtigte Aufteilung der Betreuungs- und Pflegepflichten zwischen den Elternteilen“ gefördert werden sollte. Unter anderem gebe sie den Vätern das Recht auf mindestens zehn Arbeitstage Urlaub um den Zeitpunkt der Geburt des Kindes herum, so die EU-Behörde.
Auch räumt sie mehr Rechte für pflegende Angehörige ein. So erhielten Arbeitnehmer, die einen Verwandten oder eine im selben Haushalt lebende Person pflegen oder unterstützen, zusätzlich fünf Arbeitstage pro Jahr Urlaub. Auch könnten alle pflegenden Angehörige und berufstätige Eltern von Kindern bis zu acht Jahren flexible Arbeitsregelungen beantragen.
Nicht vollständig umgesetzt hat Österreich nach Ansicht der EU-Kommission auch die EU-Vorschriften zum Energiebinnenmarkt. „Die Richtlinie enthält die wichtigsten Vorschriften für die Organisation und die Funktionsweise des EU-Elektrizitätssektors“, heißt es in der Mitteilung. Österreich hat nun zwei Monate Zeit, auf die Mahnschreiben der EU-Kommission zufriedenstellend zu antworten. (21.4.2023)
Bau in Flüchtlingscamp Lipa – SPÖ richtet Anfrage an EU-Kommission
Straßburg – Der umstrittene Bau im bosnischen Flüchtlingslager Lipa beschäftigt nun auch die EU-Kommission. Die SPÖ-Europaabgeordnete Theresa Bielowski stellte eine dringende Anfrage an die Brüssler Behörde zur Klärung der Lage. „Wir brauchen dringend Aufklärung, wie es so weit kommen konnte. Es dürfen keine Steuergelder in Menschenrechtsverletzungen fließen“, sagte Bielowski laut Aussendung vom Mittwoch. Darin kritisierte die EU-Mandatarin auch „mangelnde Transparenz und Unehrlichkeit“.
Der Bau des neuen Flüchtlingscamps nahe Bihać im Kanton Una-Sana steht wegen seines angeblichen Gefängnisbereichs in der Kritik. Vergangene Woche hatte mehrere bosnische Medien von der Errichtung eines Abschiebezentrums berichtet, das nach Angaben der NGO SOS Balkanroute von Österreich mitfinanziert wird. Das Innenministerium und das Internationale Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) wiesen die Vorwürfe zurück. Das Innenministerium finanzierte nach eigenen Angaben über die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit rund 820.000 Euro die Ausstattung des Aufnahmezentrums, nicht aber ein mögliches Abschiebezentrum. Das ICMPD war nach Angaben seines Leiters Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger im Auftrag der EU-Kommission an der Errichtung einer geschlossenen Einrichtung im Camp beteiligt, damit Personen, die andere gefährden, isoliert und dort für höchstens 72 Stunden festgehalten werden können.
Das ICMPD „und dessen Leiter, Ex-ÖVP-Chef Spindelegger, können sich winden, wie sie wollen. Hohe Zäune, Gitter an den Fenstern, Kameraüberwachung und wenig Tageslicht zeichnen ein eindeutiges Bild“, so Bielowski. In Lipa sei „angeblich ein Abschiebegefängnis errichtet“ worden, das wirft eine Menge an Fragen auf. Was ist der Zweck? Was sind die genauen Geldflüsse? Warum fungierte das ICMPD als Bauträger?“ Die EU-Kommission muss nun innerhalb von sechs Wochen zu diesen Fragen Stellung nehmen. (19.4.2023)
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