Wien/Brüssel – Mit Fortschreibung der bisherigen Klimaschutzmaßnahmen würde Österreich die EU-Klimaziele für 2030 klar verfehlen: Die Treibhausgas-Emissionen würden dann bei 42 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten liegen – das wären zwölf Millionen mehr als vorgesehen. „Das Ergebnis ist erschreckend: Erst 2050, also mit 20-jähriger Verspätung, wird Österreich das gesetzlich verpflichtende EU-Reduktionsziel erreichen“, kommentiert Greenpeace den dahinterstehenden Umweltbundesamt-Bericht.
Der Bericht „Treibhausgasemissionen Österreichs bis 2050“ ist Mitte März in der EU eingelangt und umfasst das sogenannte WEM-Szenario („with existing measures“ – mit bestehenden Maßnahmen). Darin sind bereits bestehende Gesetzesinitiativen mit einkalkuliert, etwa die Ausbauziele für Erneuerbare bis 2030 oder das Verbrenner-Aus im Jahr 2035. Erst in Entstehung befindliche Maßnahmen, wie das weiterhin ausstehende Erneuerbare-Wärme-Gesetz, fehlen in diesen Berechnungen.
Das EU-Ziel für Österreich betrifft die Treibhausgase außerhalb des Emissionshandels, bei dem so kritische Segmente wie z.B. Teile des Verkehrs erfasst werden. Um es zu erreichen, braucht es eine Reduktion um 48 Prozent bis 2030 gegenüber 2005: Nachdem vor 18 Jahren noch 56,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen wurden, bedeutet das eine Reduktion von 27 Millionen Tonnen bis zur Bilanz von 2030, wo dann gerade noch 29 Millionen Tonnen emittiert werden dürfen. Mit den 42 Millionen Tonnen vom WEM-Szenario wären dann aber gerade einmal 14 Millionen Tonnen eingespart worden, etwas mehr als die Hälfte dessen, was vorgesehen wäre.
Schon in den vergangenen Jahren zeigte sich, dass der Weg in die Klimaneutralität schwierig wird. Von 2005 bis 2021 belief sich der Rückgang auf 13 Prozent, der Rest muss nun also in rund der Hälfte dieses Zeitraums erreicht werden. Nicht wenig, nachdem diese vom Klimaschutzgesetz (KSG) umfassten Sektoren vor zwei Jahren noch bei 48,81 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent lagen. Laut den vom Umweltbundesamt eingereichten Plänen geht der Abbau jedoch weiterhin nur langsam voran, für 2025 werden 45,98 und 2030 dann 41,69 Mio. Tonnen erreicht werden. In Richtung der 29 Mio. Tonnen geht es dann erst im Jahr 2050, da steht die WEM-Prognose immer noch bei 29,98 Mio. Tonnen. Laut Regierungsabkommen will man zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Jahre Klimaneutralität feiern, also einen Netto-Null-Ausstoß erreicht haben, die EU will bis 2050 dann auch klimaneutral sein.
„Das Szenario ist ein klarer Weckruf an die Regierung: Längst überfällige Gesetze wie das Erneuerbare-Wärme-Gesetz sowie das Klimaschutzgesetz müssen umgehend verabschiedet werden, um die Aufholjagd zur Erreichung der Klimaziele zu starten“, fasste Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich, die Ergebnisse aus Sicht der NGO zusammen. Von einer Erreichung der Klimaneutralität – also einer Wirtschaft mit beinahe Null klimaschädlichen Emissionen – sei die Regierung jedenfalls weit entfernt. „Statt im Einklang mit der EU-Vision bis 2050 klimaneutral zu sein, wird Österreich bis 2050 seine klimaschädlichen Treibhausgase nur um magere 29 Prozent gegenüber 2021 reduzieren können und somit weiterhin insgesamt rund 55 Millionen Tonnen klimaschädliche Emissionen pro Jahr ausstoßen“, so das Resümee von Greenpeace.
„Wir wollen uns konsequent in der Gruppe der Klimaschutzvorreiter auf EU-Ebene positionieren“, sagte Leonore Gewessler (Grüne), als sie 2020 das Umweltministerium übernahm. Greenpeace ist zumindest weiterhin der Meinung, dass sich der Weg zur Klimaneutralität erfolgreich beschreiten lasse: „Die Regierung muss jetzt den österreichischen Klima- und Energieplan, der im Juni 2023 fällig ist, ambitioniert überarbeiten und damit weitreichende Maßnahmen für den Klimaschutz setzen“, forderte Duregger. Für die Überarbeitung des Nationalen Klima- und Energieplans (NEKPs) läuft die Zeit noch bis zur EU-Deadline 30. Juni 2023, dann soll auch ein WAM-Szenario („with additional measures“ errechnet werden, um die Lücken zu schließen. „Zusätzliche Maßnahmen zur Erreichung des aktuellen Ziels für 2030 sowie des ehrgeizigeren Ziels für 2030 werden derzeit diskutiert und wurden daher nicht in die Modellierung einbezogen. Daher wird im Laufe dieses Jahres eine vollständige Aktualisierung mit zusätzlichen Politiken und Maßnahmen zur Erfüllung der nationalen Ziele für 2030 vorgelegt werden“, kündigte das Umweltbundesamt in seinem Bericht an. (25.04.2023)
„Wiener Zeitung“ – EU-Kommissarin Jourova „nicht glücklich“
Brüssel – Das Aus der „Wiener Zeitung“ in ihrer bisherigen Form bleibt auch in der EU-Kommission nicht unbeachtet. „Ich bin nicht glücklich mit der Situation, weil ich glaube, dass die ‚Wiener Zeitung‘ über Jahre hinweg im Informieren von Leuten eine gute Rolle spielte“, sagte die EU-Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova der APA in einem Interview mit dem European Newsroom. Näher wollte die EU-Kommissarin auf den konkreten Fall nicht eingehen.
„Wir wollen, dass die Mitgliedsstaaten auf der Grundlage des Gesetzes handeln und nicht auf der Basis von willkürlichen Entscheidungen“, erklärte Jourova vor dem Hintergrund des Medienfreiheitsgesetzes. Auch betonte sie das Recht der Menschen auf die von den „Medien verbreiteten pluralistischen Meinungen“.
Die EU-Kommission stellte im Herbst das Medienfreiheitsgesetz („Media Freedom Act“) vor. Konkret soll es für mehr Transparenz und Unabhängigkeit auf dem Medienmarkt sorgen. Die EU-Staaten müssen demnach die redaktionelle Freiheit respektieren, Medien selbst müssen Informationen zu Besitzverhältnissen öffentlich machen.
Österreich äußerte zuletzt Bedenken, das Gesetz könnte in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten eingreifen. Auch aus Deutschland und Dänemark kam Kritik.
Jourova wies die Befürchtungen zurück. Österreich, Deutschland, Dänemark und Schweden gehörten einer „Gruppe von alten stabilisierten Demokratien“ an, die sich um ihre bereits etablierten Standards sorgen, so die Tschechin. „Meine Botschaft ist: Kein System ist immun.“ In Zeiten, in der die Politik umschlagen könnte, werden „wir froh sein, auf EU-Ebene eine Art Sicherheitsnetz zu haben“.
Dass die EU zum ersten Mal Medien regulieren wolle, sei „schwer zu schlucken“, fügte Jourova hinzu. „Es ist nie einfach, nüchterne Botschaften an die Panikmacher zu senden.“ Das Ziel des Medienfreiheitsgesetzes sei die Schaffung von guten Arbeitsbedingungen für Journalisten, betonte Jourova weiter. „Wir senken keine Standards. Wir harmonisieren nur die Mindeststandards, und jeder Mitgliedstaat, der strengere Standards hat, kann sie behalten.“
Noch im Juni könnten die EU-Staaten ihre Position zu dem Vorschlag festlegen, das EU-Parlament voraussichtlich im Oktober. Danach müssen sich die EU-Institutionen darauf verständigen, damit es in Kraft treten kann. (27.04.2023)
Gewessler: Österreich hat „ganz klare Position“ zum Mercosur-Abkommen
Wien – Österreich hat eine „ganz klare Position“ zum EU-Mercosur-Abkommen, sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Wien. „Ein Abkommen zulasten der kleinbäuerlichen Familienbetriebe, zulasten des Klimaschutzes“ würde man nicht unterstützen. Mit Gesprächen auf Augenhöhe lasse sich aber ganz viel erreichen, so die Ministerin, das würden auch konkrete Projekte zeigen.
Man merke, dass den Landwirtinnen und Landwirten aus Österreich und Argentinien eine „faire Beziehung“ zwischen der EU und den Mercosur-Staaten wichtig sei. „Fair vor allem für die Familienbetriebe, aber auch fair für den Planeten“, sagte die Ministerin bei einer Veranstaltung der „Alianza Österreich – Argentinien“. Das vom Klimaministerium geförderte Projekt ist ein Zusammenschluss aus Landwirtinnen und Landwirten aus beiden Ländern. Diese befürchten mit dem Abschluss des Mercosur-Abkommens eine Erhöhung des Drucks auf kleine Landwirtschaftsbetriebe in Österreich und Argentinien.
Seit 2000 wird das Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay verhandelt. 2019 wurden die eigentlichen Verhandlungen abgeschlossen. Das Abkommen wird seitdem von Umweltschützerinnen und Umweltschützern sowie heimischen Bäuerinnen und Bauern kritisiert, während sich die Industrie und Teile der Wirtschaft dafür aussprechen. (26.04.2023)
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