Wien – Der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska hat bei einem Besuch in Wien auf eine Einigung beim europäischen Asyl- und Migrationspakt gedrängt. Bis zur Europawahl in einem Jahr müssten die EU-Staaten unbedingt ein Einvernehmen finden, sagte Grande-Marlaska vor einem Treffen am Donnerstag mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Dieser wollte sich mit seinem Amtskollegen insbesondere über die Erfahrungen Spaniens bei der Zusammenarbeit mit Marokko austauschen.
Spanien übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft und will die Reform des EU-Asylsystems zur obersten Priorität machen. „Das EU-Parlament hat bereits eine gemeinsame Haltung, daher ist es wichtig, dass wir auf Ebene des Europäischen Rats ebenfalls eine Einigung finden“, sagte der spanische Innenminister bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Karner. Er zeigte sich zuversichtlich, dass es zu einer Annäherung zwischen den unterschiedlichen Positionen der EU-Staaten komme. „Es gibt keine Rote Linien mehr, auf keiner Seite“, so Grande-Marlaska. Nun gehe es darum, ein Gleichgewicht „zwischen dem Übernehmen von Verantwortung und dem Zeigen von Solidarität“ und eine Lösung, mit der sich alle wohlfühlen, zu finden.
Gerade bei diesen Fragen verlaufen weiterhin die Konfliktlinien in der EU. Während EU-Binnenländer wie Österreich seit Jahren darauf drängen, dass die Länder an der EU-Außengrenze wie Italien oder Spanien die ankommenden Migranten lückenloser registrieren sollen, fordern diese im Gegenzug eine gerechtere Verteilung der Asylantragsteller innerhalb Europas. Unter anderem Österreich lehnt dies jedoch ab. Bisher gibt es daher nur die freiwillige Übernahme weniger Migranten durch einige Staaten – vor allem Deutschland – über den sogenannten Solidaritätsmechanismus.
Grande-Marlaska brach bei dem Treffen mit Karner eine Lanze für den Schutz des grenzkontrollfreien Schengenraums. Der Schengen-Raum stelle für Spanien „einen Grundpfeiler unserer Gemeinschaft dar“, sagte er. Spanien sei schon immer ein Verfechter des Schutzes der Außengrenzen gewesen. Wenn es nicht gelinge, die Außengrenze der Europäischen Union zu schützen, dürften Binnengrenzkontrollen nur „die letzte Lösung sein, auf die wir nur im Notfall zurückgreifen sollten“, so der spanische Innenminister.
Karner lobte, dass es in vielen Bereichen eine enge Zusammenarbeit zwischen Österreich und Spanien gebe. Besonders interessierte er sich bei dem Treffen für die „intensiven“ spanischen Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit Marokko im Bereich Rückführungen und Rückübernahmen von Migranten. Auch Österreich hat sich zuletzt bei einem Besuch von Karner mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Marokko ebenfalls um mehr Kooperation im Migrationsbereich bemüht. Themen des Gesprächs am Donnerstag sollten dem Innenminister zufolge auch Extremismus und Terrorismus sein. (20.4.2023)
27 Österreicher aus dem Sudan evakuiert
Brüssel – In der Nacht auf Montag sind 27 Österreicher aus dem Sudan evakuiert worden. Das teilte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Montag vor dem EU-Außenministerrat in Luxemburg mit. In einem Zeitfenster von Feuerpausen sei es gelungen, die Österreicher und deren Angehörige – darunter rund ein Dutzend Kinder – mit Flugzeugen der deutschen Bundeswehr nach Jordanien auszufliegen, erklärte das Außenministerium. Schallenberg bedankte sich bei Deutschland und Frankreich.
Die erste Maschine sei bereits aus Jordanien nach Berlin weitergeflogen und dort sicher gelandet, hieß es aus dem Ministerium. Vorausgegangen sei der Evakuierung ein intensiver und enger Austausch mit europäischen und internationalen Partnern sowie den Vereinten Nationen.
„Dank der deutschen Hilfe, dank der Franzosen ist es uns gelungen, in den letzten 24 Stunden fast die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher aus dem Sudan außer Landes zu bringen“, erklärte Schallenberg und zeigte sich besorgt über die Situation im Sudan. „Der Sudan erlebt, wenn man so will, einen Tsunami an Krisen, es droht ein Bürgerkrieg“. Der Außenminister sprach angesichts einer ganzen Reihe von Putschs in Westafrika und nun den Kämpfen im Sudan von einer „sehr beunruhigenden Situation“, die das Potenzial habe, „die ganze Region mitzureißen“.
Aktuell sind noch rund 30 Österreicherinnen und Österreicher im Sudan beim Außenministerium registriert. Wie bei den Evakuierten handle es sich zumeist um Auslandsösterreicher mit sudanesischen Wurzeln und deren Angehörige, die seit mehreren Jahren ihren Lebensmittelpunkt im Sudan haben, hieß es. Mit ihnen sei das Ministerium „laufend in direktem, persönlichen Kontakt zu den Entwicklungen und weiteren Möglichkeiten, sie bei einer sicheren Ausreise zu unterstützen, unter anderem im Rahmen weiterer geplanter Evakuierungsmissionen“.
Schallenberg sei dazu in den vergangenen Tagen im laufenden Austausch mit Amtskollegen gewesen, unter anderem auch mit dem EU-Außenbeauftragen Josep Borrell und dem Außenminister Saudi-Arabiens. Laut dem Außenminister versuchen auch einige der österreichischen Staatsbürger derzeit nach Port Sudan zu kommen oder Richtung Ägypten das Land zu verlassen.
Seit dem Beginn der Evakuierungsaktionen im Sudan wurden nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell bereits mehr als 1.000 Ausländer in Sicherheit gebracht. Borrell dankte am Montag am Rande des EU-Außenministertreffens den Ländern, die mit gemeinsamen Anstrengungen ihre eigenen Landsleute, aber auch andere Staatsangehörige aus dem Land gebracht hätten. Nach Angaben des Auswärtigen Dienstes der EU waren unter den bisher Geretteten auch 20 EU-Mitarbeiter, die mittlerweile bereits wieder zurück in Europa sind. (24.4.2023)
ÖGB-Europapolitiker Röpke wird Chef des EWSA
Brüssel – Der bisherige Präsident der Arbeitnehmergruppe im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), Oliver Röpke (52), wird am kommenden Mittwoch in Brüssel zum neuen Präsidenten dieses EU-Gremiums gewählt. Röpke ist ehemaliger Leiter des ÖGB-Europabüros Brüssel. Sein Mandat als Präsident des EWSA läuft zweieinhalb Jahre, also bis 2025, teilte der Ausschuss am Donnerstag mit.
Röpke ist in Deutschland mit österreichischem Pass geboren und bei Hamburg aufgewachsen. Sein Jusstudium absolvierte er in Wien, später war er bei der Arbeiterkammer Wien sowie in der Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe und persönlicher Dienst tätig. Im ÖGB-Europabüro startete Röpke im Jahr 2001 bis er 2008 dessen Leitung übernahm.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist ein beratendes Organ, in dem Arbeitgeber, Gewerkschaften, Landwirte, Verbraucher und andere Interessengruppen vertreten sind. Bevor Beschlüsse über die Wirtschafts- und Sozialpolitik gefasst werden, muss seine – unverbindliche – Stellungnahme eingeholt werden.
Zwei Österreicherinnen waren bereits Präsidentinnen des EWSA: Christa Schweng von 2020 bis März 2023 sowie Anne-Marie Sigmund von 2004 bis 2006. (20.4.2023)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl der APA-Europaberichterstattung. Die redaktionelle Verantwortung für die Veröffentlichung liegt bei der APA. Sie wird montags und donnerstags veröffentlicht.